Informationen zu Eigenverwaltung
Die Eigenverwaltung ist ein Institut, das in der Vergangenheit praktisch nicht angewendet wurde. Bei der Eigenverwaltung wird auf die Einsetzung eines Insolvenzverwalters verzichtet. Durch das ESUG soll die Eigenverwaltung gestärkt werden. Dadurch soll ein höherer Anreiz für frühzeitige Insolvenzanträge geschaffen werden. Neu geschaffen wurde die Möglichkeit der vorläufigen Eigenverwaltung.
I. Voraussetzungen für ein Eigenverwaltungsverfahren
Die Eigenverwaltung kann im regulären Insolvenzverfahren und im Insolvenzplanverfahren, nicht jedoch im Verbraucherinsolvenzverfahren (§ 312 Abs. 2 InsO) angeordnet werden. Eine Anordnung der Eigenverwaltung setzt voraus, dass
- ein entsprechender Antrag vom Schuldner gestellt wird (§ 270 Abs. 2 Nr. 1 InsO) und
- keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird (§ 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO).
Der Gesetzgeber hat durch das ESUG das Regel-Ausnahmeverhältnis umgekehrt. Während vor dem ESUG der Schuldner nachweisen musste, dass mit der Eigenverwaltung keine Nachteile verbunden sind, ist dies jetzt grundsätzlich zu unterstellen.
Vorläufige Eigenverwaltung möglich
Antragsteller eines Eigenverwaltungsverfahrens kann nur der Schuldner selbst sein. Der Schuldner hat zu beantragen, dass die Eigenverwaltung angeordnet wird. Durch die Neuregelung des ESUG hat der Schuldner auch die Möglichkeit, das Unternehmen bis zur Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung zu führen. Auch die sog. vorläufige Eigenverwaltung ist vom Schuldner zu beantragen. Der Antrag hat sich auf einen Insolvenzgrund zu stützen (s.u.). Der Insolvenzantrag bedarf der Schriftform.
II. Einleitung eines Eigenverwaltungsverfahrens – Die Antragstellung
Antragsteller eines Eigenverwaltungsverfahrens kann nur der Schuldner selbst sein. Der Schuldner hat zu beantragen, dass die Eigenverwaltung angeordnet wird. Durch die Neuregelung des ESUG hat der Schuldner auch die Möglichkeit, das Unternehmen bis zur Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung zu führen. Auch die sog. vorläufige Eigenverwaltung ist vom Schuldner zu beantragen. Der Antrag hat sich auf einen Insolvenzgrund zu stützen (s.u.). Der Insolvenzantrag bedarf der Schriftform.
Nach den Regelungen durch das ESUG hat der Schuldner seinem Antrag generell ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Hat der Schuldner seinen Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt, soll er die Gläubiger mit den
- höchsten Forderungen (Nr. 1),
- die höchsten gesicherten Forderungen (Nr. 2),
- die Forderungen der Finanzverwaltung (Nr. 3),
- die Forderungen der Sozialversicherungsträger (Nr. 4)
- sowie die Verbindlichkeiten aus betrieblicher Altersversorgung (Nr. 5)
besonders kenntlich machen.
Ebenso hat der Schuldner bezogen auf das letzte Wirtschaftsjahr auch Angaben
- zur Bilanzsumme
- zu den Umsatzerlösen
- zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer
zu machen.
Ebenso ist dem Verzeichnis die Erklärung des Schuldnervertreters beizufügen, dass die Angaben vollständig und richtig sind.
III. Ggf. Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses – seit ESUG möglich
Das Gesetz unterscheidet zwischen obligatorischen, beantragtem und fakultativem Gläubigerausschuss (§ 22a InsO, Anlage G 16 a).
Ein obligatorischer Gläubigerausschuss ist einzurichten, wenn 2 der 3 folgenden Kriterien erfüllt sind:
- mindestens 4.840.000 € Bilanzsumme nach Abzug eines auf Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages i. S. d. § 268 Abs. 3 HGB.
- mindestens 9.680.000 € Umsatzerlöse in den 12 Monaten vor dem letzten Abschlussstichtag.
- im Jahresdurchschnitt mindestens 50 Arbeitnehmer.
Das Insolvenzgericht soll einen vorläufigen Gläubigerausschuss bestellen (Beantragter Gläubigerausschuss), wenn kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Antrag: Antragsberechtigt sind der Schuldner, der vorläufige Insolvenzverwalter und jeder Insolvenzgläubiger unabhängig von der Höhe seiner Forderung.
- Benennung von Personen, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen.
- Schriftliche Einverständniserklärung der als künftige Gläubigerausschussmitglieder benannten Personen.
Sind die Schwellenwerte des § 22 a) InsO nicht erreicht und wurde kein Antrag auf Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses gestellt, so steht es gleichwohl im Ermessen des Insolvenzgerichts, einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen (Fakultativer Gläubigerausschuss).
Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ist demgegenüber insbesondere dann ausgeschlossen, wenn der Geschäftsbetrieb eingestellt ist.
Der vorläufige Gläubigerausschuss hat folgende Aufgaben:
- Unterstützung und Überwachung des vorläufigen Insolvenzverwalters.
- Recht zur Mitwirkung bei der Bestellung eines vorläufigen Verwalters.
IV. Antragsphase – Gutachtenphase
Nach Eingang des Insolvenzantrags prüft das Insolvenzgericht die Zulässigkeit des Insolvenzantrags. Sofern die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind, prüft das Gericht die Eröffnungsfähigkeit. Eröffnungsfähig ist ein Verfahren ein Insolvenzgrund besteht und die Verfahrenskosten gedeckt sind.
Insolvenzgründe (Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung) sind zu prüfen
Das Gericht prüft nun, ob ein sog. Insolvenzgrund vorliegt. Dies sind insbesondere der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit sowie der Insolvenzgrund der Überschuldung. Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist lediglich bei einem Eigenantrag tauglicher Insolvenzgrund.
Verfahrenskostendeckung wird geprüft
Sofern ein Insolvenzgrund vorliegt und eine ausreichende Masse ermittelt werden konnte, wird das Insolvenzverfahren eröffnet, ansonsten wird die Eröffnung mangels Masse abgelehnt. Zur Prüfung der Eröffnungsvoraussetzungen bedient sich das Insolvenzgericht regelmäßig eines Gutachters. Dieser übergibt dem Insolvenzgericht ein schriftliches Gutachten, auf dessen Grundlage das Insolvenzgericht die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens trifft.
V. Vorläufige Eigenverwaltung möglich seit ESUG
Durch die Änderungen des ESUG hat das schuldnerische Unternehmen nunmehr die Möglichkeit, bereits im vorläufigen Verfahren in Eigenverwaltung zu agieren. Dies war bislang erst im eröffneten Verfahren möglich. Der Vorteil für das Unternehmen besteht darin, dass kein Kontrollverlust eintritt. Die vollständige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verbleibt beim Unternehmen. Die Interessen der Gläubiger werden dadurch geschützt, dass das Unternehmen unter die Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters gestellt wird. Dieser tritt während des vorläufigen Verfahrens in der Regel nicht nach außen gegenüber den Vertragspartnern auf. Die Aufgaben und Kompetenzen beschränken sich auf eine interne Kontrolle, z. B. Überwachung der Liquiditätsplanung, Überwachung der Bestellvorgänge etc.
VI. Insolvenzeröffnung
Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren durch Beschluss. Im Gegensatz zum typischen Insolvenzverfahren verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis weiterhin beim Unternehmen. Ansonsten sind die Reglungen des Insolvenzverfahrens im Wesentlichen auf das Eigenverwaltungsverfahren anwendbar. Beispielsweise werden rechtshängige Verfahren kraft Gesetzes unterbrochen. Spätestens ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung begründet das schuldnerische Unternehmen Masseverbindlichkeiten.
Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen gerne weiter.
Ihr Team von SELKER PARTNER